Die Geburt (Wachs.quest von Midja)


Authors
Sallidii
Published
2 years, 5 months ago
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Valemon stand im Schlafgewand auf dem Balkon und ließ müde den Blick über sein Reich schweifen. Er hatte nicht schlafen können, zu groß sei die Sorge, etwas könnte schief gehen.

"Eure Kinder...", erklärte Elayne dem Königspaar, als sie ihm die schwarze Pfingstrose überreichte, "Einen Fall wie den Euren hat es noch nicht gegeben. Es gibt keine Garantie dafür, dass die Neugeborenen die Kinder sein werden, die ihr bereits schon einmal aufzogt."

Schon Monate lang behütete das Paar liebevoll die Rose, jedoch ohne einen Blick in ihr Innerstes erhaschen zu können. Wie die Angst den Spiritmann doch zerriss! All die Jahre hatte er nach ihren Töchtern gesucht. Valemon hätte so gut wie alles getan, um die drei Kleinen und seine Wencke gemeinsam in die Arme schließen zu können.
Er wollte keinen Ersatz, er wollte sie.

Während ihr König seinen Gedanken auf dem Balkon nachhing, wurde Wencke von einem sanften Licht geweckt, das langsam an Intensität zunahm. Noch benommen blinzelte die junge Königin der Lichtquelle entgegen.

"Valemon, Valemon!", hörte der Spirit seine Frau ihn rufen, "Komm schnell, etwas passiert mit der Blüte!"
Sein Gem setzte einen Schlag aus. Er wusste, dass es bald so weit sein musste, aber wieso genau an dem Abend, an dem seine Zweifel am größten waren? Was, wenn der Fall der Fälle eintrat und er sich nicht freuen konnte, nicht einmal vor Wencke? Er hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gebracht, da stand er schon an der Seite der Porzellanherrin, die aufrecht im Bett saß und voller Ehrfurcht auf die hell leuchtenden Lichtstrahlen starrte, die zwischen den sich öffnenden Blütenblättern hervortraten. Wie in Trance streckte sie einem Spalt in der Rose ihre Hand entgegen und sog scharf die Luft ein, als eine winzige braune Hand ihren Finger umfasste. Die Blüte öffnete sich vollständig und zwei leuchtend blaue Augen starrten zurück.
Tränen bildeten sich in ihren Augen und verschleierten ihre Sicht. Ein Schluchzen war das Nächste, was sie vernahm, aber es kam nicht von ihr oder von den Neugeborenen.
"Sie sind es", flüsterte Valemon mit bebender Stimme, eine Hand auf seinen Mund gepresst. Ein ersticktes "Ja" war das einzige, das Wencke erwidern konnte, ehe auch sie begann zu weinen. Sie nahm behutsam den kleinen Wurm in den Arm, der ihren Finger ergriffen hatte. "Unsere Elvy... und Midja auch", sagte sie mit einer derartigen Freude in ihrer Stimme, die den Gem des Spirits zum schmelzen brachte. Er starrte noch immer auf die geöffnete Blüte. Das andere Mädchen schlief ruhig und zufrieden, der Trubel und das Schluchzen ihrer Eltern hatte sie nicht geweckt. So klein... wann hatte er das letzte Mal so etwas Kleines, Verletztliches auf dem Arm? Valemon zögerte, da drückte seine Gattin ihm das weißhaarige Spiritmädchen in die Hand. "Ihre Augen... ich hatte fast vergessen, dass sie deine wunderschönen Augen hat.", flüsterte sie und zog ihn zu sich, um seine Wange zu küssen. Da wurde die seelige Ruhe des Paars durch einen Schrei unterbrochen. Midja war mittlerweile auch erwacht und fand es wohl nicht so schön, allein in der Rose zurückgelassen zu werden. "Na, na...", hauchte die Königin und schloss das Porzellankind in ihre warmen Arme. Sofort hatte es sich beruhigt. Elvy guckte währenddessen nur. Sie guckte und beobachtete mit ihren großen runden Augen die weite Welt, in der sie soeben hineingeboren wurde.