Eine unbekannte Stimme (White Spirit Quest)


Authors
Sallidii
Published
2 years, 5 months ago
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558

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Zwei Reihen. Drei dutzend Metallfrauen auf der einen Seite, dieselbe Anzahl an Stoffdolls kniete ihnen gegenüber. Einige starrten still ins Nichts, während andere weinten.
Eine weitere Metalldoll, ernst und respekteinflößend, lief zwischen den Reihen entlang und sah jeder Metallfrau einzeln ins Gesicht. "Der Moment der Wahrheit ist nun gekommen." Obwohl sie nicht lächelte, konnte man ein Gefühl des Stolzes oder Zufriedenheit in ihrer Stimme vernehmen. "Wir schenkten euch perfekte Körper, perfekte Reflexe - ja, ein perfektes Leben." Den Stoffdolls zu ihren Füßen schenkte die Frau keine Beachtung. "Also, wem zählt nun eure Loyalität? Der Vereinigung oder euren Haustieren, die zitternd und feige am Boden kauern?"
Die Frau war bereits an Dudley und seiner Ziehmutter vorbeigegangen. Er schaute auf in ihr Gesicht, das vor Terror versteinert war. Sie wird ihn erschießen, nachdem sie sich zehn Jahre um ihn und seinen Begleiter gekümmert hat. "____!", fauchte der Stoffhase mit zusammengebissenen Zähnen seine Mutter an, "Bitte, hilf mir! Wenn du die Wachen ablenkst, können wir drei fliehen! Du bist doch genauso stark wie sie!" Doch sie regte sich nicht, sondern starrte nur auf ihren Sprössling hinab. 'Er ist vorlaut und unverschämt', dachte sie. Seine ausfallende Art hatte sie schon immer gemocht. "____!", rief er sie erneut zur Besinnung, "Hilf mir!" Auch der Stoffvogel hinter Dudley trillerte wie verrückt. Doch die Metallfrau bewegte sich nicht.
Die Leiterin dieses Wahnsinns beendete ihren Rundgang und blieb am anderen Ende der Reihe stehen. Anschließend befahl sie der ersten Frau, ihren Sprössling zu erschießen. Ein Knall später spritzte grünes Blut auf den gefliesten Boden. Panik brach unter den Stoffdolls aus, doch sie wurden durch die Wachen in Zaum gehalten.
Nun konnte auch Dudley nicht mehr klar denken, Angst packte ihn. "____!!", schrie er, "Willst du mich wirklich umbringen!?" Mehr Schüsse folgten, manche zögerlich, manche unerbittlich, und mit jedem Knall kam der Tod näher. Da hielt es Dudleys Begleiter nicht mehr aus und sprang einer Wache ins Gesicht. Dudley verstand schnell und sprang auf seinen Hasenbeinen auf, um loszusprinten. Er kam jedoch nicht weit, als er einen scharfen Schmerz im Bein spürte. Winselnd stolperte zu Boden, und als er an sich herunter sah, fand er eine klaffende Wunde vor, aus der blaues und gelbes Blut im Takt seines Gems herausfloss. Einige Momente starrte er darauf, da bemerkte er, dass auch sein Arm aufgerissen war - und die Schnur seines Begleiter fehlte.
Jemand rief etwas, da standen plötzlich zwei Frauen über ihm - die Leiterin und ____. Seine Ziehmutter starrte mit leerem Blick zu ihm hinunter und richtete ihre Waffe auf ihn. Der Stoffhase kauerte sich schluchzend zusammen, da begann auch sie zu weinen. Sie hörte einen abgeschnittenen Knall, dann wurde alles schwarz.

Eine Männerstimme brachte sie wieder zum Bewusstsein. Verschlafen und verwirrt blinzelte sie gegen das grelle Tageslicht an und erroch den sanften Duft von Flieder. "Für dich.", sagte der Fremde, dessen Umrisse sie langsam erkannte, "Als Geburtstagsgeschenk." Noch halb blind ertastete sie den Stängel der Pflanze und griff danach. Der Geruch ließ auch ihre anderen Sinne erwachen - Sie hörte viele Stimmen, aber sie machten ihr keine Angst. Sanftes Wasserplätschern, ein leiser Windhauch - Sie war umrungen von Natur. Und nichts hatte sie jemals so glücklich gemacht.