Ran ans Holz (Strahlen der Hoffnung Quest)


Authors
Sallidii
Published
2 years, 4 months ago
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"Kjelle, Kjelle!", kam es laut hinter der kleinen Spiritdoll gerufen. So laut, dass diese sich vor Schreck in ihre Eulenform verwandelte und wild mit den Flügeln schlug. Schnell drehte sie sich auf dem Stuhl um, auf den sie mittlerweile nicht mehr saß, sondern stand und erblickte die großen Augen Caspars. "Ah! Du hast mich fast zu Tode erschreckt!", entgegnete sie mit hoch gestochener Stimme. Der Lederjunge grinste breit und ignorierte ihre Worte. "Du hast es auch gehört, oder? Diese schöne Stimme?" Die Eule nickte ernst und verwandelte sich zurück, da Caspar ihr, so über sie gebeugt, etwas beängstigend groß vorkam. "Ich war aber noch nie bei dem Lebensbaum. Ich kann dir nicht weiterhelfen, fürchte ich. Aber vielleicht der König?" Ihr Gegenüber signalisierte ihr mit einem starken Köpfschütteln, dass er bei dem Eisbären kein Glück fand. "Ich habe ihn beim Servieren des Frühstücks gefragt. Aber das ist gar nicht schlimm, denn du hast ja einen Vogel! Äh, also du bist ein Vogel, meine ich. In meiner alten Heimat wussten Wildvögel immer, wo sie hinmussten, auch wenn sie noch nie dort waren. Flieg einfach dahin, wo dein Herz hinwill!" Doch Kjelle blinzelte ihn perplex an. "N-na ja, selbst wenn...", begann sie, "Ich habe noch keine Holzfigur geschnitzt. Stundenlang habe ich überlegt, wie ich helfen kann, aber ich konnte einfach nicht für mich herausfinden, was für eine Form mich symbolisiert..." Caspar nickte verstehend. "Das ist nicht schlimm. Ich habe schon eine gemacht, an der du dich orientieren kannst... Sie sieht dir nämlich ähnlich!" Dann kramte er aus seinem übergroßen Schal eine kleine Holzeule mit gelben, flauschigen Flügeln und reichte sie ihr. "Schau, schau, ich habe dich gemacht! Aus Holz und meinen Haaren!" Das Spiritmädchen lächelte errötend und nahm sie entgegen. Die Figur war wirklich schön, er muss den ganzen Morgen daran gearbeitet haben. Wenn man sie hin und her wippte, wehten die flauschigen Flügel im Luftzug. Dass diese aus Caspars Haaren bestanden, ignorierte die Dame getrost. "Sie ist wunderschön, wirklich. Ich werde mein Bestes geben, sie zum Lebensbaum zu bringen." - "Aber vorher helfe ich dir, eine eigene Figur zu schnitzen, ja?" Wieder nickte die Spirit. "Na gut. Dann ran ans Holz!"
Einige Stunden später hielt Kjelle einen undefinierbaren Klotz Holz in der Hand. Sie starrte ihn einige Momente an und ließ ihre Schultern demotiviert sinken, den Kopf in den Nacken gelegt. "Es tut mir leid, schöne Stimme. Aber ich gebe auf." Schnell nahm Caspar ihr Gesicht zwischen seine bandagierten Händen und zog ihr Gesicht nah an seines. Das war ihr ziemlich unangenehm. "Hör zu. Und sieh mich an!", meinte der Junge, "Ich kenne diesen Baum nicht, aber er stirbt. Und deshalb müssen wir ihm helfen!" - "Das weiß ich doch.", murmelte Kjelle und nahm langsam seine Hände von ihrem Gesicht. "Aber mein Herzblut fließt da einfach nicht rein. Es liegt nicht daran, dass ich nicht Schnitzen kann, sondern an meine Unsicherheit, was daraus werden soll. Keine Form ist gut genug..." - "Okay, dann denken wir nach. Wofür lebst du?" Die Spiritdame überlegte, ihre Schuhe begutachtend. Letztendlich war die Musik ihr Entschluss. Schließlich war sie eine Barde. "Dann spiele mir mal etwas vor!", schlug Caspar vor, "Vielleicht erweckt das ja etwas in dir!"
So tat sie seinem Ratschlag nach und begann, auf ihrem Instrument zu spielen. Eine melancholische Melodie, sanft und durchdringend zugleich. Sie war nicht grundlos Larfjords beliebteste Barde, dachte sich der Lederjunge, und noch seine beste Freundin obendrein! Doch so schnell Kjelle zu spielen begann, so aprubt hörte sie auch wieder auf. "Ich habe es!", stürzte es hervor und sie legte ihr Instrument zur Seite? Obwohl Caspar selbst die Idee vorgeschlagen hatte, war er stark von ihrer Wirkung überrascht. "Ich habe beim Spielen an die Berge gedacht, entgegnete sie, und an die Kälte. Aber im Positiven! Und dann hatte ich diese Blume vor Augen, die stark und schön zwischen dem ganzen Schnee impor wuchs. Sie möchte ich skulptieren!"
Gesagt, getan. Eine Blüte ins Holz zu schnitzen ist garantiert nicht leicht, doch mit viel Zeit und Fingerspitzengefühl nicht unmöglich. Und gleich am Morgen darauf konnte sie sich mit nicht nur einer, sondern zwei Figuren zum Lebensbaum aufmachen.