Kleinkinder (Wachstumsquest von Setareh)


Authors
Sallidii
Published
2 years, 4 months ago
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629

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Liebes Tagebuch,

heute hat Setareh sein erstes Wort gesagt. Ironischerweise war es nicht Mama oder Papa, sondern Stern. Ariadna sprach über Sitarahs sternförmiges Glaselement, als sie in meinen Armen schlief, und da wiederholte unser Sohn Aris Worte. Es war eher ein "Ter" als ein Stern, aber unsere Herzen schmalzen dennoch dahin. Setareh ist in vielen Dingen etwas langsamer als seine Schwester, aber bei dem ersten Wort gewann er das Rennen.
Ich hätte niemals gedacht, dass mein kantiges Herz so viel Liebe für jemanden verspüren könnte. Dass ich solch ein Glück verdient hätte, eine wunderschöne Frau und zwei liebenswürdige Kinder geschenkt zu bekommen. Allein dass so etwas wie Kinder in dieser Welt auftauchen, ist ein Wunder an sich. Und Ari und ich sind einige der wenigen Auserwählten, die erstmalig dieses Glück erfahren dürfen.
Ich merke, wie mir das erste Mal in meinem Leben meine Stimme fehlt. Ich kann meine Kinder nicht in den Schlaf singen, ihnen nicht das Sprechen beibringen. Ich bin so neidisch auf meine Frau und zweifle an manchen Tagen gar daran, ob ich ein ebenwürdiges Elternteil für unsere Ebenbilder sein kann. Auch, wenn sie mir immer wieder versichert, dass ich es bin. Verdammt, wieso können Kinder nur nicht lesen? Ari versprach mir, mir das Privileg zu überlassen, ihnen lesen und schreiben beibringen zu dürfen. Somit übernimmt sie das gesprochene, ich das geschriebene Wort. Meine Fähigkeit wird mir dabei helfen, denn meine Kinder lieben sie. Für ihre unerfahrenen Augen erschaffe ich Formen, Zahlen, Buchstaben - all das aus dem Nichts. Sie lachen, wenn ich damit ihrer Mutter kleine Streiche spiele. Ich war nie ein schelmischer Doll, aber die Reaktionen von Sitarah und Setareh sind einfach zu bezaubernd.
Ari und ich haben begonnen, unseren Freunden die Wahrheit zu sagen und ihnen unsere Kinder vorzustellen. Zuerst zeigten wir unsere neuen Familienmitglieder Ariadnas Bruder. Leoncio ist nun offiziell einer der weltweit ersten Onkel, und dementsprechend reagierte er. Er wollte die Kinder nicht halten. Als Ari lachend entgegnete, dass sie nicht so zerbrechlich seien wie er, gab er schließlich nach. Er erinnerte mich in dem Moment, in dem er das erste Mal seine Nichte in den Armen hielt, an mich selbst. Dieses warme Lächeln auf seinen Lippen hatte man auch bei mir zuvor noch nicht gekannt. Irgendwas hat das Zwillingspaar an sich, was die Herzen der kältesten Dolls berührt... und selbst die der nervigsten. Gilbert und Illai waren die nächsten. Letzterer hatte die Kinder auf dem ersten Blick für Begleitertiere gehalten, wofür ich ihn für einen Moment gern geschlagen hätte. Als meine Frau ihn aufklärte, wurde er jedoch augenblicklich ruhig und ehrfürchtig. Illai bekam Sitarah, Gilbert Setareh zu halten. Mein Kopf schrie, als Illai Setareh mehrmals hochwarf und wieder auffing. Als ich ihn anfallen wollte, hielt Ari jedoch mich auf. Ich sah eine Sekunde länger hin und bemerkte, wie freudestrahlend die Augen meiner Tochter wurden. Als könnte sie fliegen, wedelte sie in der Luft mit den Armen hin und her und quietschte fröhlich. Vielleicht sollte ich ihm doch eine weitere Chance geben.
Auch Sanaki und Zaira, Mayu und all die anderen waren entzückt von der Magie, die die Zwillinge versprühten. Was in der Hinsicht eine gute Sache ist, dass Ariadna und ich in Zukunft andere mit der Hütung der Kinder beauftragen können. Dies natürlich nur temporär. Ich liebe meine Kinder mehr als mein Leben, aber ich kann mich nicht mehr an die letzte Nacht erinnern, in der meine Frau und ich eine Nacht durchschlafen konnten. Hoffentlich wird auch sie damit einverstanden sein, sich die eine oder andere Nacht von ihnen zu trennen...
- Vincent