Einen kleinen Buddy (Oska Fest Quest)


Authors
Sallidii
Published
2 years, 4 months ago
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Mit einer Kaffeetasse in der Hand betrachtete Jake den ersten Schneefall des Winters. "Mein eigenes kleines Geburtstagsgeschenk", murmelte er zu sich selbst und lächelte zufrieden. Der Spirit hat den Winter schon immer gemocht, vor allem wegen dem Schnee. Für ihn gab es nichts Beruhigenderes als ihn beim Fallen zuzusehen.
Erst als es an der Wohnungstür klopfte, wurde der Spirit aus seinen wohligen Gedanken gerissen. "Ich mach schon auf!", rief er zu seinem Mitbewohner und eilte zur Tür. Hinter ihr stand Claude, eingelümmelt in dicker Winterkleidung. Ein Grinsen konnte sich Jake dabei nicht ersparen. Der Metalldoll sah schlicht und einfach zu süß in den Schichten aus Klamotten aus. Zur Begrüßung beugte sich das Känguru vor und küsste seinen Besucher.
"Pünktlich wie immer!", sagte er, ehe er zurücktrat, um Claude hereinzubitten. Kaum hatte dieser sich aus seinem Wäsche-Kokon befreit, klingelte es erneut. Im schön-schrecklichsten Ton wurde beim Öffnen der Tür Happy Birthday von Ariadna und ihren beiden Kindern gesungen. Ihr Ehemann schaute Jake schweigend und mitleidig an. Er erwiderte seinen Blick mit einem gequältem Lächeln, freute sich heimlich aber trotzdem um die Geste. Jeder Geburtstag braucht schließlich ein schiefes Ständchen, richtig?
Als der Spiritmann die Vier hereinließ, bemerkte er noch eine fünfte Person und hielt inne. "Leon meinte, es sei okay.", sagte Ariadna schnell mit entschuldigendem Unterton, "Ihr habt doch darüber geredet?" Nicht wirklich, dachte Jake sich. Aber nun konnte er das Mädchen, das vor ihm stand, schlecht wieder wegschicken.
Es gab nicht viele Dolls, die das Känguru nicht mochte. Doch Vigga gehörte dazu. Die Vergangenheit zwischen ihr und der Familie ist kompliziert, um es kurz zu halten. Während die anderen sie nun jedoch als Teil der Familie betrachteten, konnte Jake das Zweifeln in seiner Brust jedoch nur schwer unterdrücken. "Für dich.", sagte das Metallmädchen und reichte ihm ein hübsch eingepacktes Geschenk. Sein schlechtes Gewissen wurde noch größer. "Ich danke dir, Vigga.", murmelte er mit einem ehrlichen Lächeln, "Komm, wir haben Kuchen da!"
Kurze Zeit später saßen alle Gäste um den Wohnzimmertisch herum und aßen Kuchen. "Und, wie läuft es mit dem Zähmen?", fragte Sitarah das Geburstagskind, "Hattest du nicht erzählt, dass du einem kleinen, flauschigen Wildtier begegnet bist?" - "Nun ja...", seufzte Jake bedrückt, "Es scheint ganz so, als würden Wildtiere mich nicht zu mögen scheinen. Egal was ich tue, sie meiden mich..." Da hob Vincent seine Hände und schrieb folgende Frage in die Luft: "Wieso wünschst du dir nicht einen tierischen Partner herbei? Das Oska-Fest beginnt bald." - "Au ja!", rief Ariadna freudig, "Vincents Wunsch, sich an Vigga zu erinnern, ging schließlich auch in Erfüllung!" Jake sah zu dem Mädchen herüber, das den Kuchen anstarrte, als würde er schimmeln. Toller Wunsch, der in Erfüllung ging... aber recht hatte die Stoffhäsin schon. "Das Oska-Fest... Eine gute Idee! Wo schreibt man sich dafür ein?"
Eine Woche später stand Jake mit einer nicht schönen, aber dafür seltenen selbst gebastelten Laterne vor dem Portal. Einige Dolls überholten ihn, um durch das Portal zu schreiten. Gefährlich war das Ding wohl nicht...? Ein paar Schritte später und der Spirit war in Xidercis angekommen. Vor ihm begann bereits eine lange Schlange, sie alle wollten ihren innigsten Wunsch erfüllt bekommen. Auch das Känguru musste lange überlegen, ob ein tierischer Partner wirklich sein innigster Wunsch war. Er dachte an Claudes Ketten und Leons Risse, die er vielleicht wegwünschen könnte. Doch die beiden lehnten ab. Jake solle sich etwas für sich wünschen. Außerdem war es eh nicht möglich gewesen, sich etwas für andere Dolls zu wünschen. "Wie oft du mir schon damit auf den Keks gegangen bist!", hatte Leon ihn noch beim Kuchen Essen angestachelt, "Du wünschst dir schon immer 'nen ganzen Zoo, noch bevor wir hier her gezogen sind."
"Und was ist dein Wunsch, mein Wertester?" Jake zuckte bei dem Klang der sanften, und doch bestimmten Stimme zusammen. Er war mal wieder so in Gedanken gewesen, dass er nicht bemerkte, wie sein Vordermann bereits fertig und gegangen war. Ehrfürchtig sah der Spirit zu der Rentierfrau auf, die auf einen erhöhten, Thron ähnlichen Stuhl saß. "I-ich-", stotterte er unbeholfen, "Ich wünsche mir, dass mich nicht alle Wildtiere hassen." Belana lachte auf, worauf Jake errötete. Als Lederdoll hatte sie es bestimmt leicht, tierische Freunde zu finden. "Dass... war vielleicht ungünstig ausgedrückt. Mein Leben lang schon war ich von Wildtieren fasziniert... aber sie dafür weniger von mir. Dabei wäre ich am liebsten von Dutzenden von ihnen umrungen!" - "Von Dutzenden?", fragte die Lederdame, "Das klingt etwas schwierig. Aber du könntest ja mit einem oder zwei Tieren beginnen? Was würdest du denn für diesen Wunsch opfern?" - "Opfern?" Vincent hatte ihm nicht gesagt, dass er etwas opfern musste! Sonst hätte er sich doch schon längst Gedanken darüber gemacht! Kurz schwieg und überlegte er. Dann sah das Känguru auf. "Meine Zeit und Zuneigung. Ich weiß, das klingt ziemlich kitschig, aber ich möchte keine Haustiere 'besitzen', sondern Wildtiere pflegen, die vielleicht Hilfe brauchen. Und darauf ein Band des Vertrauens aufbauen, das Band zwischen Partner." Die schweigsame Lederdoll lächelte zufrieden. "Das hast du schön gesagt, Herr Spirit.", sagte sie noch, ehe sie ihm ihren Stern überreichte.
"Alles oder Nichts!", bestärkte Jake sich, die selbstgebastelte Laterne samt Stern in den Himmel zu entlassen. Doch noch traute er sich nicht. Er starrte auf den Zettel, der an der Laterne hing, und wollte ganz sicher gehen, dass er alles richtig gemacht hat. "Ich möchte das Vertrauen von Wildtieren gewinnen.", flüsterte er. Das Wort "Partner" stand auf dem Fetzen Papier geschrieben. "Länger zu warten wird auch nichts bringen...", murmelte das Känguru noch zu sich selbst, ehe er die Laterne vorsichtig losließ und ihr beim Hochsteigen nachsah.