Götter der endlosen Stadt


Authors
Shahar
Published
5 months, 18 days ago
Updated
5 months, 11 days ago
Stats
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Chapter 6
Published 5 months, 18 days ago
386

Explicit Violence
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Author's Notes

VI. Dimitry Vasiliev


Dimitry Vasiliev hatte Augen so gold wie die Abendsonne und Haar so schwarz wie das Federkleid eines Raben. Er war das Kind, das seine Eltern sich erträumt hatten.
Er war das Kind, das seine Eltern erschaffen hatten.
Ein modifiziertes Kind; Aushängeschild und Stolz der Familie.
Ein Genie, von Geburt an.
Aber allem voran war Dimitry Vasiliev
(Ein Gott der endlosen Stadt.)
künstlich

Kein Wunder, dass er nicht gerne mit der Wirklichkeit seines Seins konfrontiert wurde. Kein Wunder, dass er lieber seine Augen schloss und träumte.
Tagsüber war Dimitry der perfekte Sohn; lächelnd und händeschüttelnd.
Und wenn die Sonne unterging, begann er ferne Welten zu erträumen.
Welten voller Wälder und Wiesen.
Welten voller Hochhäuser und Wolkenkratzer.
Welten voller Krieg und Zerstörung.
Virtuelle Welten.

Dimitry Vasiliev war vieles; so vieles. 

Er war ein Tänzer zwischen den Realitäten.
Er streifte sie ab wie eine Schlange ihre alte Haut. Und die Leichtigkeit, mit der Dimitry das tat, war nur denjenigen zu eigen, die schon lange aufgegeben hatten, Unterscheidungen zu treffen.
Welten, Leben, Geschichten. Wahrheiten und Lügen.
All das begann vor seinen Augen zu verschwimmen.
(Oh, sein Band zur Wirklichkeit war längst zerrissen!)

Er war ein Kommandant von tausend Schlachten.
Und hatte jeden Krieg hundertfach ausgefochten. Hundertfach; aus allen Winkeln und Perspektiven. Dimitry war durch alternative Zeitlinien geschritten, hatte gesehen, was sein hätte können. Und was sein würde.
Er kannte die Vergangenheit und sie verlieh ihm die Macht, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Denn letztendlich erzählte auch die Zukunft nur eine bekannte Geschichte; in immer neuen Schleifen und Windungen.

Er war ein Spieler.
(Denn das war sein Leben; ein ewiges Spiel.)
Und Dimitry spielte. Tagein, tagaus.
Sein Verstand war längst scharf wie ein frisch gewetztes Messer. Ein Messer, das nach dem Blut ganzer Welten lechzte.
Und so spielte er. Spielte ein Spiel gegen die besten Intelligenzen seiner Welt.
(Sie waren künstlich, diese Intelligenzen. Genauso künstlich wie er selbst.) 

Am Ende dieser Nacht leuchteten die Lichter der endlosen Stadt weiter.
Dimitry Vasiliev hatte verloren. Er verlor jede Nacht.
Und doch träumte er davon, eines Tages zu gewinnen.
Er träumte davon, über seine eigene Realität zu triumphieren.
Er träumte davon, ein Sieger zu sein.