Very Large Epic Quest


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5 years, 1 month ago
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5 years, 1 month ago
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Chapter 5
Published 5 years, 1 month ago
2014
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Teil 4 - Heilen und Verweilen


Die Vögel zwitscherten lautstark und die Sonne erwärmte mit ihren sanften Strahlen die Luft, als der nächste Morgen graute und die Heldinnen aus ihrem Schönheitsschlaf erwachten.

„Haltet doch mal die Fresse, ihr scheiß Vögel!!!“ 

ShiShi kam mit zerzausten Haaren und Augenringen aus ihrem Zelt gekrochen, ließ sich missmutig auf den Hosenboden sinken und kramte eine angekaute Haarbürste aus ihrem Reisegepäck hervor, um sich ihrer Morgenpflege hinzugeben. Nach ihr kamen auch Tani und Zele zum Vorschein, nicht weniger zerknittert, und das Ziegending saß noch immer vor dem ausgebrannten Lagerfeuer und blickte mit einem Auge gedankenverloren auf die Kohlen, während es mit dem anderen Auge immer wieder verstohlen einen Blick auf ShiShi warf. 

„Hey... wo ist der Gaul hin?“ Zele war mittlerweile aufgestanden, um ihr Lager abzubauen, und blickte sich stirnrunzelnd um. 

„Gaul ist ein rassistisches, abwertendes Wort für ein Pferd.“ Tani stand ebenso auf und spitzte die Ohren, lauschte den Geräuschen, welche der Wind mit sich trug. Zele und ShiShi verdrehten die Augen. 

„Da hinten läuft sie. Ich höre eine fremdartige Melodie, gespielt mit Gräsern voller Morgentau, und sie läuft direkt darauf zu.“

Zele und ShiShi verdrehten erneut die Augen. Huftiere und ihre Vorliebe für Gräser voller Morgentau. 

„Bullshit.“, motzte Zele. „Mach dass er wieder kommt, ich hab echt kein Bock, bis zur Elfenstadt zu Fuß zu laufen. Meine Migräne bringt mich um.“ 

Tani seufzte und holte ihren Bogen, spannte einen Pfeil und schoss ihn zischend in die Luft. Noch zwei, drei Sekunden lang hallte das liebreizende Lied des Morgentaugrases durch die Luft, ehe man ein lautes „HYAAARGH“ hörte und die Melodie verstarb. Betretene Stille. Verwirrtes Wiehern.

Tani kniete sich auf den Boden und strich mit geschlossenen Augen über das lange Gras, atmete die frische Morgenluft ein, und zupfte einen Grashalm, den sie sogleich zu ihren Lippen führte und eine süße Melodie spielte. Und schon kam der Gaul wieder angerannt. 

ShiShi und Zele saßen stumm da und tauschten zuerst einen Blick, ehe sie Tani verständnislos anstarrten. 

„Was?“ Tani errötete und begann eifrig, ihr Lager zusammen zu packen und alles in die Satteltaschen des Pferds zu stopfen. „Das habe ich von einem.. alten Freund gelernt. Kommt jetzt, wir müssen los. Die Sonne steht schon hoch am Himmel!“

ShiShi und Zele tauschten einen vielsagenden Blick aus.

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„Elfen..... staaht?“

Tani blickte auf das große, schräg hängende Schild. 

„Ich dachte, es wäre die ElfenSTADT. Und was macht das H dort?“

„Vielleicht ein Eigenname.“ Zele zuckte mit den Schultern und strich mit den Fingern besorgt über den Pfeil, der in ihrem Kopf steckte. „Ist ja auch egal. Ich brauche dringend einen Heiler. Meine Migräne bringt mich um, und JEMAND hat schließlich heute Nacht all unsere schmerzstillenden Kräuter gefressen.“ 

„Mäh“, sagte das Ziegending unschuldig und ein paar giftgrün gefärbte Ziegenköddel schossen mit Hochdruck, zusammen mit einem langgezogenen Furzgeräusch, unter seinem Schwanz hervor und trafen einen vorbeigehenden, hart arbeitenden Bauern am Kopf, welcher vom Schicksal überrollt zu Boden sank.

Zelee schlug sich die Hand vor die Stirn. „Vielleicht auch besser, dass er die schmerzstillenden erwischt hat.“ 


ShiShi rutschte elegant aus dem Sattel des Pferdes und begann, in ihren Taschen zu kramen. „Ich werde auf jeden Fall Alfonso aufsuchen, er ist einfach totaaal mein Seelenverwandter und er wird wissen, wie man meinen Nagel noch retten kann.“ 

Tani nickte. „Zele und ich gehen zum örtlichen Heiler und abends treffen wir uns wieder hier am Schild, okay?“

„Okay.“

„Mäh.“

„Ähm... Mädels?“, ShiShi blickte stirnrunzelnd in ihren ledernen Geldbeutel. „Könnt ihr mir vielleicht ein wenig Kleingeld leihen? JEMAND hat wohl auch meine Geldscheine angeknabbert. Und der Zustand meiner Nägel ist mir ECHT WICHTIG.“ ShiShis Gesichtsausdruck duldete keinerlei Widerspruch.

Tani und Zele rollten mit den Augen und sie zogen ihre Geldbeutel hervor – nur um das Gleiche festzustellen. Das Ziegending musste plötzlich niesen und eine Silbermünze fiel aus seinem Nasenloch. 

„Naja, ein wenig was kann ich dir wohl leihen. Ich hoffe nur...“

„Danke!! Ihr seid meine Rettung!“ ShiShi schnappte sich schnell die beiden Geldbeutel und rannte so schnell ihre Füße sie trugen in die Stadt hinein. 

Zele blickte Ihr stirnrunzelnd hinterher. „Ihre Nägel sind das Wichtigste für sie, Schatz.“, meinte Tani beschwichtigend. „Sie sind die Grundlage ihrer Magie. Deswegen müssen sie immer in einem guten Zustand sein.“ Zele seufzte. Genau das war der Grund, warum sie sich für den Nahkampf entschieden hat. Keine Pakts mit Dämonen, Seelen und Kräfte in sinnfreien Objekten, oder ähnlicher Schnickschnack. Schwert, Schild, Draufhauen, fertig. „Weißt du denn, wo hier ein Heiler ist?“ Tani warf kurz einen besorgten, nachdenklichen Blick über die Stadte, ehe sie den Kopf langsam schüttelte. „Lass uns einfach unser Glück versuchen.“

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„Mein Gott.“, Zele schnaufte entnervt. „Wer soll sich hier denn auskennen?“ Die einzige Stadtkarte, die sie finden konnten, sah aus wie von einem 5jährigen mit Wachsmalkreiden gemalt und selbst die Schilder auf den Geschäften waren bis zur Unleserlichkeit entstellt. „Hehndler“, „Gassthoff“, „Staahtverwaldunk“. Tani spürte, dass es nicht mehr lange dauerte, bis Zele die Nerven verlor und hielt daher einen kleinen Jungen auf, der an ihnen vorbeitollte.

„Hey, kleiner Elf!“, sie lächelte freundlich und der Junge blieb stehen und kam näher.

„Ich bin kein Elf, sondern ein Zwölf. Aber was möchtest du denn?“ 

Irgendwo im Hintergrund lachte jemand.

„Ähm.. schau, meine Freundin ist verletzt und wir brauchen einen Heiler. Weißt du denn, wo euer Heiler ist?“ Zele schnaufte tief ein, während Tani weiterhin lächelte. 

Der Junge zuckte mit den Schultern. „Hier gibt’s keinen Heiler.“

„WAS?!“ Zele wirbelte zu dem Kind herum und starrte ihn eindringlich an. Man merkte, wie sich langsam eine Ader an ihrer Stirn hervorhob“ „Was heißt das, kein Heiler? Habt ihr denn was anderes? Älteste? Trankmischer? Weise?“ 

Das Kind überlegte kurz und lächelte. „Wir haben Weise! Sogar zwei! Da die Straße runter, auf der linken Seite!“

„Zum Glück!“ Tani lächelte und drückte dem Kind als Dank die Silbermünze in die Hand, die sie vorher aus dem Nasenloch des Ziegendings gepopelt hatte. 

„Bruce der Weise.“

Zele runzelte die Stirn, doch Tani klopfte an die Tür. Ein grimmig wirkender Schnösel öffnete ihr die Tür. „Was wollt ihr?“ 

„Hallo, Ihr seid doch Bruce der Weise. Meine Gefährtin ist verletzt, und wir brauchen jemanden, der sich um ihre Verletzungen kümmert.“

Der Mann seufzte entnervt. „Bruce der WAISE. Ich habe auf tragische Weise meine Eltern verloren, als ich ein Kind war. Schönen Tag noch.“ Er schlug ihnen die Tür vor der Nase zu und man hörte Schluchzen aus dem Inneren des Hauses. 

Ein lautes Furzgeräusch übertönte das Schluchzen und ein paar Ziegenköddel trafen unschuldige Passanten. 

„Lass uns gegenüber probieren.“, murrte Zele unbeeindruckt, und klopfte an die Tür.

'Larc der Weise'. 

Das Haus des Fremden wirkte zumindest vielversprechender, es war von einem seltsamen Geruch eingehüllt, den die Heldinnen nicht zuordnen konnten. Grade so, als würde er Heiltränke mischen. 

Es dauerte nicht lange, bis ihnen die Tür geöffnet wurde und eine zweibeinige Echse mit schneeweißen Schuppen öffnete ihnen die Tür und musterte sie fragen. „Oh, hallo, kann ich Euch helfen?“

Zele rümpfte die Nase ungeduldig und zeigte auf den Pfeil, der in ihrem Kopf steckte. Die Echse hob überrascht die Augenbrauen. „Und... was soll ich nun tun?“

„Du bist doch Larc der Weise. Kannst du keine Wunden verbinden?“ Der Bleiche blinzelte kurz, ehe er entnervt seufzte. „Larc der WEIßE. Von weiß, wie meine Schuppen. Ich bin der Händler für Bleichmittel. Aber unser Schildmacher hat eine Rechtschreibschwäche.“ 

„NA SUPER.“ Zele knurrte und begann, an dem Pfeil zu ziehen. „In dieser verdammten Stadt gibt es aber auch niemanden, der einem weiterhelfen will!“

Der Bleiche musterte sie kurz besorgt, ehe er sanft ihre Hände nahm und von ihrem Kopf zog. „Gut, gut. Ich lebe schon viele Jahre auf dieser Welt und habe mich um vielerlei Verletzungen gekümmert. Ich werde dir helfen, komm mit herein.“ 

„Ich.. bleibe mit ihm lieber hier draußen.“, meinte Tani und musterte besorgt das Ziegending, welches unaufhörlich furzte. „Ich glaube nicht, dass man das und Bleichmittel zusammenlassen sollte.“ 

Zele folge dem Drachen in sein Haus und hockte sich ungeduldig auf einen Stuhl. „Gleich vorneweg: Ich kann dich leider nicht mit Geld für deine Hilfe entlohnen. Wir wurden ausgeraubt.“ 'Von einer verfressenen Ziege', fügte sie noch in Gedanken hinzu, ließ es aber der Dramatik wegen weg. „Das ist in Ordnung. Ich helfe dir auch gerne umsonst.“ Der alte Drache seufzte und begann, mit einer Schere das ganze Haar um die Verletzung herum weg zu schnippeln. „Weißt du – oh, wie heißt du eigentlich?“ - „Zele“ - „Weißt du Zele, früher, da waren die Leute hier noch anders drauf. Haben sich einander geholfen, waren aufgeschlossener, es war noch schön, hier zu leben, weil nicht alles auf Kommerz und Geldverdienen aus war. Selbst als kleiner, unscheinbarer Bleichmittelverkäufer.“ 

Mit einem lauten Rumms flogen die Fensterläden auf, und ein paar der Bewohner steckten verärgert den Kopf zum Fenster herein. „MENSCH! Schon wieder diese alte Leier?! Du nervst!!! Komm endlich mal drüber hinweg!!!“

Der Drache legte die Schere unbeirrt beiseite und zog den Pfeil langsam heraus. „Ich kann mich noch erinnern, als ich hier her gezogen bin, da wurde man freundschaftlich empfangen. Und jetzt? Nichtmal mehr seine Meinung darf man sagen, sonst wird man sofort angemeckert, man solle doch einfach fort ziehen oder den Mund halten.“ 

Er stand auf und schlug die Fenster wieder zu und sperrte die Fensterläden zu. Er kam zurück und klebte provisorisch ein Pflaster mit kleinen Tintenfischen auf die Einschusswunde. Zele starrte noch immer verstört auf die Fenster, an denen ein wütender Mob an Bewohnern rüttelte.

„Und dann wundern sie sich, wenn man vor lauter Stress Sodbrennen bekommt und einem eine Stichflamme entkommt“ Er seufzte. „Ein typisches Drachenproblem. Stress-Feuerrülpser. Keine schöne Angelegenheit.“ Zele musterte ihn skeptisch, aber konnte sich dann doch zu einem Lächeln durchringen. „Kann ich mir gut vorstellen. Lass dich nicht unterkriegen, ja? Gegenüber Drachen herrschen sowieso extrem viele Vorurteile“.

„Wahr, wahr.“ Der Bleiche seufzte und klopfte ihr auf die Schulter. „So, das wars auch schon.“

Als Zele nach draußen trat, saß Tani neben dem Ziegending auf dem Boden und klopfte ihm tröstend den Rücken. 

„Mäh.“, sagte das Ziegending.

„Ich weiß, ich weiß. Es tut weh. Aber du musst ihr Zeit lassen.“

„Mäh.“ 

„Du musst sie auch verstehen. Natürlich hattest du keine andere Wahl, aber woher soll sie das denn wissen? Bleib ruhig, hab Geduld. Gebrochene Herzen brauchen Zeit, um zu heilen.“

„Mäh.“

„Shh. Nun steiger dich nicht so hinein. Sie wird dir verzeihen können. Vielleicht wird eure Beziehung zueinander anders sein, aber ihr könnt immer noch Freunde bleiben.“ 

„Ehheem.“ Zele räusperte sich.

Tani und das Ziegending zuckten beide zusammen, als wären sie bei etwas Schlimmem erwischt worden. „Oh, du bist schon fertig?“ Tani blickte zu Zele hinauf und musste sich stark zusammenreißen, um bei ihrem Anblick nicht los zu lachen. „Ja ich bin. Mit wem redest du da?“

„Na mit ihm.“ Tani tätschelte den Rücken des Ziegendings, welches so beschämt war, dass es mit beiden Augen gen Boden blickte. „Oh. Er hat Liebeskummer?“

„Mäh.“ 

„Er möchte mit dir nicht darüber reden.“ Tani lächelte und hoffte, Zele hätte Verständnis. „Das ist so ein Ding zwischen Hufträgern, weißt du. Sei ihm nicht böse, die Wunden sind noch frisch.“ 

Zele seufzte und tätschelte seinen Rücken sanft. „Du warst ja schon immer ein Frustfresser. Ich hätte es eigentlich wissen müssen. Nun gut, lasst uns aufbrechen, etwas für Tani und mich zu essen suchen, und dann auf ShiShi warten.“

Author's Notes

Man sollte mir die Tastatur wegnehmen D: